Wohnheimschock
„Wyjebane – it means: You don’t care and laugh from your situation.“
Meine Mitfahrerin von Wrocław nach Nysa
Diese Nachricht erreichte mich, kurz nachdem ich im Wohnheim ankam. Ich schrieb meiner neuen Reisebekanntschaft, dass ich vom Wohnheim schockiert war. Warum?
Hohe Erwartungen vs. knallharte Realität
Von außen macht das Heim nicht viel her. Gut, es war auch Winter und das Gefängnis hinter dem Gebäude sorgte auch nicht für Wohlfühlmomente. Das musste ja nicht heißen, dass es Innen… doch das hieß es. Dabei war ich Wohnheime gewohnt: Während meiner Berufsschulzeit verbrachte ich 18 Wochen im Internat auf dem mediacampus in Frankfurt am Main. Das hat mich damals schon etwas umgehauen, aber ich habe mich arrangiert. Doch Nysa setzte dem Thema „Wohnheim“ die Krone auf.
Leben wie in DDR-Zeiten
Das Gebäude war innen einfach, aber zumindest sauber. Mein Zimmer war im 2. Obergeschoss ganz am Ende des Flurs mit Blick auf die Stadt und den Fluss. Hätte schlimmer kommen können. Dann betrat ich also mein neues Reich, dass ich mir fortan mit zwei weiteren Studentinnen teilen würde: 15 Quadratmeter kuschelige Dreisamkeit, aber immerhin mit einem eigenen Badezimmer.
Zunächst fiel mir auf, dass in diesem Raum nur zwei Tische vorhanden waren. Einer davor war voller Zeug: Kleidung, Make-up, Tassen, also entsprechend kein Ort zum Arbeiten. Der zweite stand am Fenster und war leer. Gut, hier könnte ich Texte und Briefe schreiben.
Das Einzelbett sah besetzt aus, also zog ich auf die untere Ebene des Etagenbetts. First come, first serve. Bett ist allerdings leicht übertreiben. Holzbrett mit Schaumstofflage trifft es etwas besser, aber auch hier dachte ich mir, dass es schlimmer hätte kommen können.
Ich heulte die ganze Nacht – ungelogen. Den halben Tag unterwegs und dann das. Was hatte ich erwartet? Ich war in Halle nur ein Mal zu Besuch in einem Wohnheim. Dort gab es möblierte Einzelzimmer mit Gemeinschaftsbad und -küche. Hatte ich es auch von einem Ort erwartet, dessen Hochschule so klein war? Wahrscheinlich, sonst hätte ich die Nacht nicht damit verbracht, mich selbst zu trösten und mir leid zu tun.
Das soll eine Küche sein?
Ich bin ja noch nicht fertig mit lamentieren. Die Küche auf dem Flur war natürlich auch ein „Schmuckstück“. Hier würde man behaupten, dass die Einrichtung noch aus der DDR-Zeit stammte. Kaputte Schränke, externe Herdplatten, wenige Stühle. Wie ein Lebensmittelpunkt fühlte sich das nicht an. Aber zumindest für ein Frühstücksei und belegte Brote war es hinnehmbar. Ich reservierte mir ein komplettes Gemüsefach in einem der drei Kühlschränke (first come…) – ein Luxus, wie sich in den nächsten Monaten herausstellen würde.
Das war nun also mein selbstgewähltes Schicksal für die nächsten vier Monate. Da half nur eines:„Wyjebane und bleib cool.“