
Busfahrt nach Neisse
Nachdem alle Habseligkeiten gepackt waren, brachte mich von mein Ehemann sicher zum halleschen Busbahnhof. Num konnte sie beginnen, meine günstige, aber zwölf Stunden andauernde Busfahrt nach Neisse im Polen. Der Plan: von Halle (Saale) sollte es zunächst nach Dresden und von dort aus nonstop nach Breslau (Wrocław) gehen. Anschließend weiter bis nach Neisse (Nysa).
Bahnhof und Shoppingparadies
Die Fahrt nach Dresden ging rasch vorbei. Selbst die zwei Stunden Aufenthalt (mein Gepäck lagerte in dieser Zeit in einem Schließfach) waren kein Problem. Auch nach ging es zügig. Insbesondere auf der polnischen Autobahn schienen die Verkehrsregeln nicht mehr zu gelten. Ich schickte mehr als ein Gebet an alle Götter dieser Welt…
In Breslau angekommen hievte ich mein Gepäck aus dem Bus und war überwältigt. Nicht vom Busbahnhof selbst, sondern von der Art und Weise, wie er etabliert wurde. Denn die Busse halten im Untergeschoss eines gewaltigen Kaufhauses. Kulturschock! Mit Abgasen gefüllter Busbahnhof wird zum duftenden und glänzenden Einkaufsparadies „Wroclavia“.
Die Suche nach der Haltestelle

Nachdem ich mein Staunen überwunden hatte, machte mich auf die etwas komplizierte Suche nach einem Anschluss nach Nysa. Das Problem: Ich konnte noch kein einziges Wort Polnisch und die Züge fuhren laut Internet immer irgendwie, nur nicht regelmäßig. Die einfachste Variante war ein weiterer Bus, der außerhalb des Busbahnhofs zu meinen Ziel fahren sollte. Die Haltestelle zu finden war jedoch leichter gesagt als getan, vor allem mit mehr als 32 Kilogramm Gepäck auf dem Rücken.
Ein Linienbus sollte von einer Haltestelle namens „Dawida“ abfahren. Also tat sich als Milleniel genau das, was alle tun: „Okay Google, bring mich zur Haltestelle Dawida“. Das tat Google auch, allerdings zur Haltestelle des Stadtverkehrs, denn es gab „Dawida“ gleich zweimal. Und so fuhr der erste Kleinbus nach Neisse an mir vorbei.
Frustriert darüber, dass mich Google hintergangen hatte, wollte ich zurück zum Busbahnhof, um num doch den nächsten Zug zu nehmen, der in zwei Stunden fahren würde. Doch dann stand er da, besagter Minibus nach Neisse, an einer anderen Haltestelle direkt vor dem Bahnhofsgebäude. Es wäre so einfach gewesen! Tatsächlich erwischte ich den letzten freien Platz im Kleinbus, der vielleicht für 25 Menschen ausgelegt war. Ich war gerettet!
Das Wohnheim „Dom Studenta“
Auf der Fahrt lernte ich eine junge Abiturientin kennen, die gerade auf dem Weg nach Neisse war. Ihr Englisch war eine Wohltat und sie übersetzte ohne Probleme all meine Fragen an den Busfahrer. In der Kleinstadt angekommen, wollte ich mich von ihr verabschieden. Doch ihre Mutter bestand darauf, mich auch noch bis zum Wohnheim zu fahren. Der Weg war nicht lang, zu Fuß wären es vielleicht 20 Minuten gewesen. Doch ich war dankbar, dass ich mein Ungeheuer von einem Rucksack nicht tragen musste und kam nach insgesamt zwölf Stunden endlich im Wohnheim an.

